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Die große Linkangst

Die große Innovation des World Wide Web war nicht etwa die das Multimedia-Prinzip, welches es erlaubte, dass man nicht nur Texte, sondern auch Bilder und Videodateien in einem Dokument miteinander vereinen konnte. Der Erfolg des World Wide Webs war stets auf die Hyperlink-Technik zurückzuführen. Diese ermöglicht es, ähnliche Gedanken über Querverweise miteinander zu verbinden. Und so war auch die frühe Zeit des World Wide Webs dadurch bestimmt, dass Websites kreuz und quer miteiander verwuchsen und gegenseitig die interessierten Besucher austauschten.

Heute bekommt man den Besucher primär über die Suchmaschine und nicht notwendigerweise über die direkte Verlinkung mit anderen Websites und gerade die Zukunft des Prinzips der Hyperlinktechnik als Grundlage des World Wide Web ist heute nicht mehr so sicher, wie es immer angenommen worden war. Denn die große Linkangst geht um. Dabei erstrecken sich die Ängste nicht einmal mehr darauf, andere Websites zu verlinken, auch Backlinks, die man von anderer Seite bekommt, werden bereits voller Argwohn betrachtet.

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© M. Großmann / PIXELIO
Grund ist die marktführende Suchmaschine, die aufgrund ihrer Marktposition dazu in der Lage ist, Websites quasi aus der Sichtbarkeit des World Wide Webs gänzlich verschwinden zu lassen oder auch zu fördern. Und wenn ein Internetprojekt fleißig von der Hyperlinktechnik Gebrauch macht, wie es das Web einmal vorgesehen hatte, dann kann es durchaus passieren, dass dies der Suchmaschine nicht mehr gefällt und dass eine solche Website praktisch nicht mehr gefunden werden kann. Auf diese Weise ist es der marktführenden Suchmaschine möglich ein ganz anderes Web zu erschaffen, dessen Verlinkung sich vor allem auch über den eigenen Verkauf kostenpfichtiger Link-Anzeigen ergibt, aber weniger durch das organisch wachsende Netzwerk natürlicher Verlinkung. Der Marktführer der Computer-Betriebssyteme hatte in den vergangenen Jahren so manchen finanziellen Schaden aufgrund Strafzahlungen hinnehmen müssen, die die Folge eines Missbrauchs der Vormachtstellung auf dem Markt waren und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis ähnliche Klagen auch gegen den Marktführer der Suchmaschinen initiiert werden könnten.

Ein World Wide Web, in dem sich die Websites nicht mehr untereinander verlinken, würde quasi seine Daseinsbereichtigung verlieren. Man wäre wieder beim Gopher System der 1980er Jahre angekommen, welches als Vorgänger des World Wide Web die Hyperlink Technik noch nicht kannte.

Wie kann man der wachsenden Linkangst begegnen? Heute muss man sich die Websites, die man verlinkt, nicht nur genau ansehen, sondern auch dauerhaft im Auge behalten. Dies kann natürlich gerade bei erfolgreichen Websites mit einer guten Vernetzung zu einem organisatorischen Problem werden. Gerade solche Projekte, die ihre Links auf gänzlich natürliche Weise bekommen und auch die Links, die selbst gesetzt werden, noch im Sinne einer Empfehlung sehen, könnten der Verlierer der aktuellen Entwicklungen sein. Denn je natürlicher das Linkumfeld wächst, desto geringer die Kontrolle darüber. Und je mehr man auf inhaltliche Empfehlungen bei der Verlinkung fremder Seiten setzt, desto weniger wird die Linksetzung durch die Frage bestimmt, ob sich eine Verlinkung nun positiv oder negativ auf das eigene Projekt auswirken könnte.

Noch erkennen viele Anbieter im World Wide Web diese Entwicklung zu einem linkfreien Medium nicht, doch es ist zu hoffen, dass rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen initiiert werden, bevor sich das Medium eines Tages zu einem System entwickelt hat, das mit einem „Web“ im Sinne eines organisch wachsenden Netzes nicht mehr viel gemein hat.

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